Grundstückseigentümer haften für Schaden des Handwerkers am Nachbarhaus

So jedenfalls entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 09.02.2018 (Az. V ZR 311/16).

Die Eigentümer des Wohnhauses hatten einen Dachdecker zur Reparatur des Flachdaches beauftragt. Bei den Heißklebearbeiten entstand ein Glutnest. Das Wohnhaus fing Feuer und brannte ab. Dabei griff das Feuer auf das Nachbarhaus über, der Sachschaden am Nachbarhaus betrug rund 98.000 EURO. Die Wohngebäudeversicherung des Nachbarn ersetzte den Schaden an seinem Haus, forderte aber den Schaden anschließend bei dem Dachdecker ein. Der Handwerker kann den Schaden aufgrund eigener Insolvenz nicht zahlen. Nun forderte der Gebäudeversicherer den Schaden am Nachbarhaus von den Auftrag gebenden Eigentümern des zu reparierenden Hauses ein. In zwei gerichtlichen Instanzen gaben das Landgericht Magdeburg (Az.10 O 1082/13) und das Oberlandesgericht Naumburg (Az. 4 U 52/15) den Hauseigentümern Recht, sie seien nicht ersatzpflichtig. Bei der Auswahl des Handwerkers hätten sie sorgfältig gehandelt und damit alles Erforderliche getan, um das Risiko eines Feuerschadens bei den Dacharbeiten zu vermeiden.

Anders entschied der BGH in der Revision. Dem Anspruchsteller stehe ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs.2 S.2 BGB analog zu. Der Paragraf regelt direkt nur die Pflicht, für rechtmäßige Einwirkungen durch eine privatrechtliche Tätigkeit Ausgleich zu leisten. Die Rechtsprechung wendet diesen Grundsatz analog auch auf andere Sachverhalte an und hat aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§242 BGB) das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis geschaffen. Auf diesen Fall bezogen urteilte der BGH, ein Ausgleichsanspruch sei gegeben, wenn von einem Grundstück rechtswidrige Einwirkungen auf ein fremdes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer des in Mitleidenschaft gezogenen Grundstücks nicht dulden muss, aus besonderen Gründen aber nicht abwehren kann. Das sei bei einem auf das Nachbargrundstück übergreifenden Feuer der Fall. Man kann den Brand nicht dulden, ihn aber auch nicht verhindern. Mit dem sich bei den Dacharbeiten auf das Nachbarhaus ausweitenden Brand ist eine Störung für das Nachbargrundstück verbunden, die in den Verantwortungsbereich der auftragserteilenden Eigentümer fällt. Die Auftraggeber haben damit eine Gefahrenquelle für andere geschaffen, die ihrem Einflussbereich zuzurechnen ist. Die Rechtsprechung begründet damit einen verschuldensunabhängigen Entschädigungsanspruch aus der Gefährdungshaftung des Eigentümers in analoger Anwendung des Nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 S.2 BGB. Der BGH hat diesen Fall zur Entscheidung, ob die Forderung von rund 98.000 EURO gerechtfertigt ist, an das Oberlandesgericht Naumburg zurück verwiesen.

Werden Grundstückseigentümer für Handwerkerschäden zur Zahlung verpflichtet, sollten sie auf eine gute Privathaftpflichtversicherung bei dem selbstgenutzten Haus und auf eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung für vermietete Immobilien achten. Auch wenn es sich bei dem geschilderten Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs.2 S.2 BGB analog nicht um einen originären gesetzlichen Schadenersatzanspruch handelt, ist durch Rechtsprechung geklärt, dass die Haftpflichtversicherung eintritt, wenn die Einwirkung zu einer Subtanzschädigung geführt hat und der Ausgleichsanspruch auf Schadenersatz gerichtet ist. Dann besteht ein Schadenersatzanspruch nach Ziff.1 der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB).

Ingrid Jordan-Berger,
GET Service GmbH